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Der perfekte Biergenuss: Ein Überblick vom Glas über Craft Beer bis zum Foodpairing

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Grillgeruch in der Nase. Biergeschmack auf der Zunge. Für mich ein unverzichtbarer Teil des Sommers. Grillen und Bier. Aber wie wichtig ist uns eigentlich dieses Bier? Das angebliche Nationalgetränk der Deutschen? Warum gibt es auf dem Massenmarkt - immer streng nach dem Reinheitsgebot - nicht einmal ansatzweise so viele verschiedene Sorten wie das auf dem Weinmarkt der Fall ist? Hat Wein nicht in Wirklichkeit einen höheren Stellenwert als Bier? Ist das Weinregal oder das Bierregal das Größere? Wie viele Weinläden und wie viele Bierläden kennt ihr? Auf einem der Großteil der Weine finden sich kleine Romane, wonach dieser Wein nun genau schmeckt und zu welchem Gericht er gut passt. Beim Bier? Fehlanzeige. Wer trinkt außerdem zu Schokolade oder einem Dessert ein Bier? So ist es auch nicht verwunderlich, dass es äußerst viele Weinsommelière gibt, aber Biersommelière? Die muss man schon suchen. Warum interessiert uns beim Wein die Rebsorte - beim Bier dagegen hat sich vermutlich niemand einmal ernsthafte Gedanken über Hopfen- oder Gerste- bzw. Weizensorten gemacht, oder? Dabei ist der Gedanke, oder? Achtung jetzt wird es noch verrückter, für einen Rotwein gibt es ein Rotweinglas, für einen Weißwein nimmt man ein Weißweinglas - warum? Weil der Wein sich im "richtigen" Glas besser entfalten kann und besser schmeckt. Da darf das Glas dann auch gerne mehr kosten. Das Glas ist also entscheidend für den Geschmack. Und beim Bier?


Damit ich diese Frage beantworten kann, musste ich erst einmal in den Süden fahren in die Welt des Bieres, in einen kleinen Ort, an dem die Zuggleise einfach aufhören, in dem jede Menge Zoigl getrunken wird und die Glasherstellung eine lange Tradition hat: Neustadt an der Waldnaab. Hier sitzt das Unternehmen Spiegelau. Seit über 500 Jahren wird unter diesem Namen Glas produziert. Zum Konzern gehören außerdem die Marken Nachtmann und Riedel. Man kennt sich also aus beim Thema Glas. Seit Jahrzenten spezialisiert auf die Produktion von Weingläser und seit 5 Jahren nun auch auf Biergläser.
Warum zur Hölle Biergläser? Ähnlich wie beim Wein ist das Glas entscheidend dafür, wie sich das Aroma des Getränkes ausbreiten kann, und wie welches Aroma am besten von der Nase aufgenommen werden kann. Bei einer großen Öffnung kann sich das Aroma natürlich viel schneller und besser ausbreiten, als bei einer kleinen Öffnung. Beim Bier ist außerdem die Schaumbildung entscheidend, das heißt, bei einer schlanke Form mit einem geringen Durchmesser hält sich der Schaum natürlich viel besser und länger. Für die Schaumbildung ist auch die Oberfläche des Glases entscheidend, sehr feines, glattes und hochwertiges Glas bringt die Blasen nicht so schnell zum Platzen wie unebenes Glas - es wird also schneller schal. Ein weiterer wichtiger Punkt ist auch das Ende des Glases, der sogenannte "Mundrand" - je dünner das Glas, desto besser wird das Getränk dorthin gelenkt, wo es hinsoll - z.B. nicht sofort auf den Bereich der Zunge, welcher für den bitteren Geschmack zuständig ist. Dünnes Glas hat außerdem den Vorteil, dass das Getränk länger kühl bleibt. Glaubt mir, ich war auch sehr skeptisch, als ich das alles gehört habe, aber probiert das einfach einmal selbst aus, probiert euer Bier aus verschiedenen Gläsern (Weinglas, Schnapsglas, dickem Glas etc.) und konzentriert euch voll auf den Geschmack und den Geruch. Ich glaube fest daran, ihr werdet Unterschiede feststellen.


In unendlich vielen Workshops mit Experten der Bier- und Glasbranche werden aus unendlich vielen Gläsern per Ausschlussverfahren und Weiterentwicklung für jede Biersorte das perfekte Glas gefunden. Das alles nur, damit wir den perfekten Biergenuss erfahren können. Für mich ein faszinierendes und bisher unentdecktes Feld.


Auf diese Weise sind bisher für folgende Biere Gläser entstanden:
  • Belgisches Ale, Pilsner und eigentlich "fair" zu jedem Bier: Biertulpe
  • Deutsches und böhmisches Pilsner: Pilsstange
  • Helle Lagerbiere, Ales, Englisches Stark-Ale, Deutsches Helles: Helles
  • Deutsches Weizen, belgisches Weißbier, Weizen-Ale: Weizenbierglas
  • India Pale Ale: IPA-Glas
  • Stout: Stout-Glas
Wenn ihr nun den Selbsttest machen wollt, wie macht man das jetzt eigentlich als angehender Biersommelière? 
Zuerst schaut ihr euch die Optik an, ist das Bier klar, besitzt es eine schöne Farbe, also strohgelb und fein beim Pils oder schwarz und feurig-dunkel wie beim Schwarzbier. Wie ist die Schaumbildung? Stabil? Feinporig?
Dann ist der Geruch natürlich wichtig, ihr könnt wie beim Wein das Bier auch einmal im Glas etwas kreisen lassen für die volle Aromaentfaltung. Wonach riecht das Bier? Ein helles Weizenbier riecht zum Beispiel in der Regel nach Banane, Eisbonbon, Pfirsich oder Melone. Für Fortgeschrittene: Riecht das Bier nach Hopfen oder Malz? Welcher Geruch ist zuerst in der Nase?
Jetzt kommt der entscheidende Moment: Der Geschmack. Den 1 Schluck, den Antrunk, im Mund kreisen lassen, jede Zone der Zunge passieren lassen. Der 2 Schluck, der Nachtrunk, darf auf direktem Weg in den Magen - wie reagiert euer Gaumen darauf? Wonach schmeckt das Bier, wie erfrischend und prickelnd (die Spritzigkeit/ der Frischeeindruck wird auch Rezenz gennant) schmeckt das Bier, wie aromatisch? Wie ist der erste Eindruck, wie ist das Bier im Abgang? 
Ihr merkt, im Grunde ist es sehr ähnlich wie beim Weinverkosten - aber Bier wird niemals, wirklich niemals, ausgespuckt!


Wer jetzt wirklich ganz professionell Bier testen will, für den gibt es von Spiegelau das "Tasting Kit" mit dem wir auch vor Ort geschult wurden. Wie gesagt, ich war vor dieser Schulung sehr skeptisch, was das Thema angeht, aber nun wurden mir etwas die Augen geöffnet und zum Beispiel gerade die Biertulpe von Spiegelau hat es mir angetan - jedes Bier schmeckt mir persönlich unglaublich gut aus diesem Glas, leider übersteigt ein Set zur Zeit noch mein Budget. Das Verrückte an der ganzen Geschichte ist, dass ich nicht nur dem Thema "Glasschulung" skeptisch gegenüber stand, sondern auch allgemein dem Thema "Biergenuss", denn eigentlich würde ich immer ein Glas Wein einem Glas Bier vorziehen. Aber ich habe gemerkt, völlig zu Unrecht.
Warum macht man sich eigentlich zur Zeit so viele Gedanken zum Thema Bier? Schuld daran ist unter anderem die kreative Craft Beer Bewegung bzw. Szene. Denn ganz so schlimm, wie ich es anfänglich beschrieben habe, sieht es in der Bierwelt dann doch nicht aus. Trotzdem hinken wir zum Beispiel den USA hinterher. Hier ist die Craft Beer Szene deutlich größer. Also von wegen Deutschland ist das Land des Bieres.
Und was ist dieses Craft Beer nun? Handwerklich gebrautes Bier, würde man es eins zu eins übersetzen und doch ist es so viel mehr. Kreative und experimentelle Kreationen von Brauereien. Biere mit Charakter. Jedes Bier komplett anders als das andere Bier. Geschmacksexplosionen. Unerwartete Aromen. Die Wurzeln des Bierbrauens werden wieder entdeckt. Längst vergessene Herstellungsweisen und Biersorten werden wieder beliebt. Die verkaufte Menge ist nicht entscheidend, der Genuss ist entscheidend! Eine Szene perfekt für Querdenker: Wie wäre es zum Beispiel mit einem Cocktail aus Fruchtbier? Kreativität, Mut zum Experimentieren und querdenken. Das macht diese Szene aus. Es gibt viele Facetten und eine klare Definition fällt schwer, aber ich kann nur jedem Bierliebhaber - und denen die es werden wollen - raten: Hier kommt ihr ganz auf euren Geschmack. Denn auf jeden Fall bleibt festzuhalten, neben dem perfekten Glas sind die Zutaten und die Braukunst entscheidend für das perfekte Bier.


Kommen wir nun für den absoluten Genuss zum Food-Pairing. Natürlich ein sehr breites Feld, was ich auch nur kurz anschneiden möchte. Das perfekte Bier zum jeweiligen Essen? Darin bin ich definitiv kein Experte. Aber generell möchte ich euch einfach zum Experimentieren ermuntern. Schokolade und Bier funktioniert genauso wunderbar wie Käse und Bier. Dunkle Biere eignen sich sehr gut zu Desserts und Schokolade: Ein Schwarzbier ist der perfekte Begleiter für ein Tiramisu, ein dunkler Doppelbock ein perfekter Begleiter zum Mousse au Chocolat. Ein Pils harmoniert wunderbar mit "leichten" Käsesorten wie einem Brie oder Frischkäse, während ein Dunkles mit einem Blauschimmelkäse perfekt harmoniert. Generell gilt "Gleich und Gleich gesellt sich gern" - sprich ähnliche Geschmacksrichtungen harmonieren natürlich erst einmal, allerdings um den jeweiligen Geschmack zu betonen gilt auch "Gegensätze ziehen sich an". Wie heißt es so schön? Probieren geht über studieren.
Sowohl beim Glas, als auch beim Inhalt und auch beim Foodpairing: Am Ende ist das Wichtigste, dass es euch schmeckt und natürlich ist jeder Geschmack anders. Wichtig ist nur der Mut zum Experimentieren und den habe ich nach dieser Schulung auf jeden Fall und ihr nach diesem Artikel vielleicht auch. Das Bier verdient definitiv mehr Aufmerksamkeit - wer hat schließlich schon etwas gegen Genuss und den guten Geschmack?! 


Die Rechte der Fotos liegen alle bei Spiegelau und ein Großteil der Informationen stammen nicht nur vor der besagten Schulung, sondern auch aus dem Buch "Bier & Genuss - Rezepte, Traditionen und Lebensart" von Sandra Ganzenmüller und Sebastian Priller-Riegele, welches ich allen Bierinteressierten sehr ans Herz legen möchte. Vielen Dank auch an Spiegelau und Sandra Ganzenmüller für die Einladung zu diesem Event und dem Buch.

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